Antrag: Kinzigtalbahn statt Stuttgart 21

32. Kreistagssitzung am 17. Dezember 2010

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

die Fraktion DIE LINKE. stellt zur Kreistagssitzung am 17.12.2010 folgenden Antrag:

Der Kreistag möge beschließen:

Der Kreistag des Main Kinzig Kreises fordert das Bundesverkehrsministerium auf, den Aus- und Neubau der Kinzigtalbahn Hanau-Fulda in den Investitionsplänen neu zu priorisieren.

Das Verkehrsministerium wird aufgefordert, insbesondere den Nutzen-Kosten-Vergleich NKV für einen viergleisigen Ausbau zwischen Frankfurt und Fulda entlang der bestehenden Strecke zu ermitteln.

Der Kreistag begrüßt ausdrücklich die Bemühungen des Kreisausschusses und des Verkehrsdezernenten, die seit Jahren eine wesentlich höhere Priorisierung der Kinzigtalbahn und die sichere Aufnahme in den Investitions-Rahmenplan fordern und bekräftigt den Beschluss vom 19.03.2010: Der Kreistag fordert die Landes- und Bundesregierung sowie die Deutsche Bahn AG auf, Investitionen in Prestigeprojekte zugunsten einer modernen verkehrsgerechten Infrastruktur aufzugeben.

Begründung:

Die Bahnstrecke Frankfurt-Fulda ist eine der wichtigsten Strecken in Deutschland.

Der notwendige Aus- bzw. Neubau wird jedoch ständig zugunsten von teuren Prestigeobjekten verschoben. Stuttgart 21 ist dabei nur ein Beispiel. Die schlechte Einstufung des notwendigen Ausbaus der Bahnstrecke Frankfurt-Hanau-Fulda bedeutet auf lange Sicht deren Aus. Die Kinzigtalbahn ist aber für den Kreis und seine Menschen unverzichtbar. Für Pendler, Passagiere und Messebesucher würde ein Anreiz entstehen, vom Auto auf die Schiene umzusteigen und dadurch die Umwelt zu entlasten.

Der Main-Kinzig-Kreis gehört zu den am stärksten belasteten Transitbereichen im Herzen Europas und braucht deshalb als Alternative zur Straße eine zukunftsfähige Bahnverbindung als Teil der europäischen Magistralen. Vor dem Hintergrund, dass die Strecke in Zukunft sogar noch an Bedeutung gewinnen wird, muss die Strecke Vorrang vor Prestigeprojekten haben. Höhere Kapazitäten und verbesserte Qualität sind nur mit zusätzlichen Gleisen zu bewerkstelligen.

Die Mittel werden derzeit jedoch für andere Projekte ausgegeben, denn bis 2020 stehen laut Ministerium für den Bau der wichtigsten Trassen rund 8 Mrd. € zur Verfügung. Benötigt würden für die Fertigstellung jedoch mehr als das Dreifache, also rund 26 Mrd. €. Dadurch rücken viele andere Projekte weit vor die Kinzigtalbahn. Obwohl diese weiterhin in den Planungen enthalten ist, ist bei einem Nutzen-Kosten-Vergleich (NKV) von 2,0 bis zum Jahre 2030 fraglich, ob überhaupt gebaut wird.

Trotzdem wird die sogenannte Mottgerser-Spange schön gerechnet. Von einem unwirtschaftlichen NKV von 0,8, also höherer Kosten als Nutzen, wird diese Anbindung durch eine Reduzierung der Geschwindigkeit von 300 auf 250 km/h auf einen NKV von 2,0 hochgerechnet. Einzig der viergleisige Ausbau bis Gelnhausen bleibt im Plan enthalten, von Gelnhausen soll dann an die Neubaustrecke Würzbug – Fulda über die Mottgerser-Spange angebunden werden.

Die ursprüngliche Planung sah mit 300 km/h schnellen Zügen im Fernverkehr eine Fahrzeitverkürzung Frankfurt-Fulda von 10 Minuten und Würzburg-Frankfurt von 18 Minuten vor. Dies bedeutet, dass jetzt über 3 Mrd. Euro für Fahrzeitenverkürzungen ausgegeben werden sollen, die selbst im Fernverkehr kaum etwas bringen. Die rund 35 Kilometer lange Mottgerser Spange ist Teil einer uralten Strategie der Deutsche Bahn AG, den Schnell- und den Güterverkehr voneinander zu trennen. Sie ist unter anderem festgeschrieben im „Netz 21", dem langfristigen Projektpapier der Bahn. Der von Hanau kommende Schnellverkehr kann dann sowohl Richtung Fulda als auch Richtung Würzburg abzweigen. Der Personennahverkehr und der Güterverkehr sollen hingegen auf der bisherigen Trasse Gelnhausen-Fulda weiterfahren. Die Kosten für den Ausbau der Strecke beziffert die Deutsche Bahn urspünglich auf zwei bis drei Milliarden Mark, nun sind es über 3 Milliarden Euro.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass für eine Zeitersparnis von wenigen Minuten so viel Geld investiert werden soll. Der Bau würde mit einem katastrophalen Flächenverbrauch einhergehen, Naturschutzgebiete würden zerstört, Grundwasserreserven und Heilquellen beeinträchtigt und ist deshalb ökologisch höchst umstritten.

Aus diesem Grunde erscheint der Ausbau entlang der bestehenden Trasse sowohl wirtschaftlich als auch finanziell sinnvoller zu sein. Dies ist aber weder geprüft worden, noch ist ein NKV hierfür vorhanden.

Steckt man nur einen Teil der Summe für den Ausbau der Mottgerser Spange in den Ausbau und teilweisen Neubau der bestehenden Strecke, verbunden mit modernen Lärmschutzmaßnahmen, die schon im Gleisbett beginnen können, so sind diese Gelder wesentlich besser und umweltschonender investiert. Und, was ganz besonders wichtig ist, die Pendler zwischen Fulda und Frankfurt haben mehr davon.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Andreas Müller     f.d.R. Dr. Thomas Maurer

Fraktionsvorsitzender   Fraktionsgeschäftsführer