Solidarität statt Spaltung (Quelle: DGB)

Solidarität statt Spaltung: DGB zur Kommunalwahl

Solidarität statt Spaltung – das war der Titel einer Veranstaltung, zu der verschiedene Organisationen und Initiativen unter Federführung des DGB eingeladen hatten. Ziel war, mit den Spitzenkandidaten von SPD, Grünen und Linken im Main-Kinzig-Kreis über die schlechte finanzielle Ausstattung der Kommunen und die Notwendigkeit einer neuen Debatte über gerechte Verteilung zu diskutieren. Nachdem Erich Pipa und Matthias Zach kurzfristig abgesagt hatten, stand an dem Abend lediglich der Spitzenkandidat der LINKEN Andreas Müller zur Diskussion. Und so wurde man sich schnell einig darüber, dass die Handlungsfähigkeit der Kommunen nur über eine gerechte Besteuerung erreicht werden könne. „Wer bezahlbaren Wohnraum schaffen oder den Investitionsstau an unseren Schulen beheben möchte, der muss den Kommunen Geld geben“, sagte Müller. „Aber das ist nicht allein über Steuererhöhungen für Reiche zu regeln. Wir müssen auch die Steuerschlupflöcher schließen, mit Hilfe derer sich die Reichen und Superreichen in dieser Republik gern aus ihrer Verantwortung für die Finanzierbarkeit des Staates herausstehlen.“ Vor dem Hintergrund einer drohenden Spaltung der Gesellschaft durch das Erstarken der AfD forderte Müller die Anwesenden auf, zur Wahl zu gehen und vom Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Fragen des DGB Südosthessen

Fragen zur anstehenden Kommunalwahl:

1. Wie kann eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen vor dem Hintergrund fehlender finanzieller Mittel stattfinden?

2. Wie stehen Sie zum lnvestitionsstau an den Schulen, der bundesweit bei mittlerweile über 30 Milliarden Euro liegt?

3. Was muss aus lhrer Sicht getan werden, um die Ausstattung der Schulen mit Personal und Sachmittel zu verbessern oder betrachten Sie diese als ausreichend?

4. Sehen Sie die Möglichkeit, über die Wiedereinführung der Vermögensteuer die öffentlichen Kassen wieder zu füllen?

5. lst die Besteuerung von Reichtum aus lhrer Sicht ein geeignetes Mittel, die finanziell schwierige Situation der Kommunen zu verbessern?

6. Wie kann sichergestellt werden, dass Firmen, die öffentliche Aufträge erhalten, ihre Mitarbeiter fair bezahlen?

7. Muss der Main-Kinzig-Kreis strukturpolitisch neu aufgestellt werden und wenn ja, wo und wie?

8. Bietet das TTIP aus Ihrer Sicht Chancen oder Risiken für den Landkreis und sollten die Verhandlungen weitergeführt werden?

Liebe Kollegin Eifler,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

gerne beantworten wir Eure Fragen

1. Zunächst ist es eine Fragen des Wollens. Will man Menschen auch menschengerecht unterbringen, so muss man es wollen. Natürlich bedarf es dazu auch finanzieller Mittel, do die sind, nach unserer Aufassung, durchaus vorhanden. Man muss nur den Mut haben, entweder bisher für andere Ausgaben (z.B. Rüstung etc.) vorhandene Mittel umzuverteilen oder auch an die ungerechte Steuerpolitik herangehen und z.B. Erbschafts- und Vermögenssteuer endlich einführen. Hierzu hat die LINKE eine Reihe Anträge im Bundestag eingebracht, die leider keine Mehrheiten fanden.

Vor Ort ist dies schwierig, da die Kommunen von Bund und Land hier unterfinanziert sind und zusätzlich zu den eh schon nicht ausreichenden mitteln für die delegierten Aufgaben, nun neue Aufgaben hinzukommen.

Trotzdem ist es im Main Kinzig Kreis bisher gut gelungen, diese Aufgabe zu leisten. Auch hier würden wir uns mehr wünschen, können aber feststellen, dass der Wille der regierenden Koalition in die richtige richtung geht. Deshalb haben wir als Linke Oppositionsfraktion diesen Teil der Kreispolitik mitgetragen und auch ausdrücklich unterstützt.

2. Hier sehen auch wir dringenden Handlungsbedarf. So traurig es ist: In diesem Bereich hat uns die Finanzkrise über die schlimmsten Auswüchse hingweggeholfen, da die aufgelegten Investitionsprogamme im Main-Kinzig-Kreis vorwiegend in die Schulen flossen.

Gesamtwirtschaftlich trägt der Staat nichts zu wirtschaftlichen Entwicklung durch Investitionen bei. Für die Unternehmen wird die mangelhafte Infrastruktur immer mehr zu einer Belastung. Der Städte und Gemeindebund rechnet vor, dass allein bei den Kommunen zur Überwindung des Investitionsstau bis 2020 rund 700 Milliarden Euro notwendig sind, allein 70 Milliarden für die Schulen. Dies sind mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr. Für mehr Investitionen ohne Neuverschuldung hätten SPD und Union die Steuern für Spitzenverdiener und Superreiche erhöhen müssen.

Aber genau das hat die Union von Anfang an ausgeschlossen. Und die SPD hat sich nach der Wahl von höheren Steuern für Reiche verabschiedet.

 

Die LINKE schlägt ein Zukunftsinvestitionsprogramm mit 100 Milliarden jährlich für den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft vor. Davon sollen rund 50 Milliarden Euro nicht nur für den Erhalt der öffentlichen Infrastruktur ausgeben werden. Auch der Klimaschutz, die Energiewende und vieles anderes mehr sollen vorangetrieben werden.

Ein solches Zukunftsinvestitionsprogramm hätte auch Ausstrahlung auf die Unternehmen. Sie würden mehr öffentliche Aufträge erhalten. Das sichert und schafft Arbeitsplätze bei privaten Unternehmen. Durch die höhere Nachfrage werden die Unternehmen auch ihre Produktionskapazitäten ausdehnen und beispielsweise neue Maschinen oder Fahrzeuge kaufen. Zu den öffentlichen Investitionen kommen noch private Investitionen hinzu.

Diese Investitionen können ohne Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte finanziert werden. Deshalb müssen die Steuergeschenke an die Superreichen und Spitzenverdiener rückgängig gemacht und diese wieder mehr an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt werden. DIE LINKE will ein Steuerkonzept mit 180 Milliarden Euro Mehreinnahmen durchsetzen. Allein die Wiedererhebung der Vermögenssteuer als Millionärssteuer würde 80 Milliarden jährlich einbringen.

Aber auch müssen wir feststellen, dass dies weder bei Kommunen noch im Kreis durchsetzbar ist. deshalb verweisen wir schon seit Jahren auf die Schitzophrenie in der Politik. Die gleichen Parteien, die dies -zurecht- vor Ort kritisieren, beschließen im Bund und im Land leider eine völlig andere Politik. Dies weiterhin auch auf Kreisebene deutlich zu machen, ist eine der Hauptaufgaben, die wir als Linke in der Kommunalpolitik wahrnehmen können.

3. Im Prinzip kann man hier auf die Antwort zu Frage 2 verweisen. Die Ausstattung reicht -bei Weitem- nicht aus. Der Main-Kinzig-Kreis kann diese Aufgaben nur besser wahrnehmen, wenn eine andere Finanzpolitik durch Bund und Land gemacht würde. Zunächst bräuchte es dazu einen gesellschaftlichen Konsenz, dass die Schulpolitik, sowohl Personell, als auch in der Sachausstattung, völlig anders sein müsste. Dazu gehört nach unseerer Auffassung auch eine Abkehr von der Kleinstaaterei, eine Ganstagsschule, die auch den Namen verdient und und und.

Bildung darf keine Ware sein. Sie ist ein Menschenrecht und muss allen herkunftsunabhängig zustehen – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern oder in welchem Bundesland man wohnt. Noch immer hat in Deutschland ein Kind aus einem Nicht-Akademikerhaushalt bei gleicher Intelligenz/Kompetenz eine drei Mal geringere Chance auf das Abitur als ein Kind aus einem Akademikerhaushalt. Das ist für uns nicht hinnehmbar.

DIE LINKE setzt sich für Gemeinschaftsschulen (eine Schule für alle) ein, in denen alle von der ersten Klasse bis zum Abitur ganztägig länger gemeinsam lernen können. In Berlin haben wir bewiesen, dass diese Schulen nicht nur die extreme Abhängigkeit des Bildungserfolges vom Geldbeutel der Eltern abbauen. In einer guten Schule für alle profitieren auch die leistungsstarken SchülerInnen von der individuellen Förderung.

4. JA! In Deutschland verfügen rund zwei Drittel der Bevölkerung über kein oder nur sein sehr geringes Vermögen. Das reichste Zehntel hält dagegen über 66 Prozent des Geld- und Sachvermögens und vergrößert seinen Anteil seit Jahren kontinuierlich. Im Jahr 2010 erreichte die Zahl der Millionäre einen neuen Rekord: 829.000. Die Millionäre verfügen über ein Gesamtvermögen in Höhe von rund 2.200 Milliarden Euro (ohne eigengenutzte Immobilien). Im Durchschnitt konnten Millionäre in Deutschland seit 2003 ihr Vermögen um 8 Prozent pro Jahr steigern, Milliardäre sogar um 10 Prozent. Finanz- und Eurokrise haben an diesem Trend der immer reicher werdenden Superreichen nichts geändert – im Gegenteil, sie haben ihn sogar beschleunigt. Dabei hat die Ungleichverteilung von Vermögen – nicht nur in Deutschland, aber auch in Deutschland – entscheidend zu den Finanz- und Eurokrisen beigetragen.

Die großen Vermögenssummen in den Händen von wenigen wurden den Finanzmärkten zugeführt, um dort möglichst hohe Renditen zu erzielen.

Spekulation und uferloses Profitstreben waren das Ergebnis.

Zur wachsenden Ungleichverteilung des Vermögens hat auch die steuerliche Privilegierung der Reichen beigetragen, nicht zuletzt durch die Aussetzung der Vermögensteuer seit 1997. Kaum ein Land erzielt bei den vermögensbezogenen Steuern (Grund-, Vermögen-, Erbschaft- und

Schenkungs- sowie Vermögensverkehrssteuern) so geringe Einnahmen wie Deutschland. Der Anteil dieser Steuern am Bruttoinlandsprodukt betrug im Jahr 2010 nur 0,8 Prozent. Das ist nicht einmal die Hälfte des damaligen Durchschnitts der OECD-Länder (1,8 Prozent) und nur rund ein Drittel des Durchschnitts der EU-27-Länder (2,5 Prozent).

Die Krisenkosten belasten die öffentlichen Haushalte immens. Deshalb sind gezielte Steuererhöhungen für Reiche und Vermögende zwingend geboten. Die Vermögensteuer ist dafür ideal geeignet, weil sie gleichzeitig die soziale Gerechtigkeit stärkt. Denn vor allem die Vermögenden waren und sind die Nutznießer der gigantischen Bankenrettungspakete. Deshalb sollten sie auch dafür zahlen.

Für CDU/CSU und FDP ist eine Besteuerung des Vermögens der Reichen und Superreichen tabu. SPD und Grüne wollen deren Vermögen lediglich mit Samthandschuhen antasten. Die Fraktion DIE LINKE dagegen fordert die Wiedereinführung der Vermögensteuer, und zwar in der Form der Millionärsteuer. Sie soll gezielt Vermögensmillionäre treffen. Dies wird durch einen Freibetrag von einer Million Euro erreicht. Steuerpflichtig ist dabei ausschließlich das Privatvermögen. Wer weniger als eine Million Euro Vermögen hat, zahlt keine Steuer. Damit ist zugleich gewährleistet, dass beispielsweise das selbstgenutzte Eigenheim von der Steuer befreit bleibt. Der Teil des Privatvermögens von Millionären, der oberhalb von einer Million Euro liegt, soll mit fünf Prozent besteuert werden.

Aufgrund unseres Antrags ist der Main Kinzig Kreis schon im Dezember

2012 dem Bündnis "Vermögenssteuer jetzt" beigetreten.

http://www.dielinke-mkk.de/nc/kreistag/presse/detail/browse/3/zurueck/kreistagsfraktion-1/artikel/vermoegenssteuer-jetzt-beschluss-des-kreistages-offenbar-nicht-weiter-geleitet/

5. JA! Wobei alleine die Besteuerung ja noch nicht bedeutet, dass das Geld auch bei den Kommunen ankommt. Wenn die Besteuerung käme (siehe Antwort auf Frage 4) dann muss auch das Konnexitätsprinzip (Die Bezahlung der delegierten Aufgaben durch Land und Bund) umgesetzt werden und zum Verfassungsauftrag der Selbstverwaltung der Kommunen, gehört auch eine ausreichende Ausstattung mit Finanzen über das Konexitätsprinzip hinaus.

6. Auch hierzu hat die Linke eine Reihe von Anträgen in den Kreistag eingebracht, die leider keine Mehrheit gefunden haben. Ich möchte hier auf unseren Antrag "Fairgabe" vom Mai 2015 verweisen

(http://www.dielinke-mkk.de/nc/kreistag/antraege/detail/archiv/2012/mai/zurueck/antraege-17/artikel/fairgabe-statt-geiz-ist-geil-im-main-kinzig-kreis/)

Wir haben damit den Kreisausschuss aufgefordert, die Vergaberichtlinien des Kreises umgehend der neuen Vergabeordnung vom 24.04.2009

(Inkrafttreten) anzupas-sen. Hierbei sollen insbesondere die Möglichkeiten zur Berücksichtigung sozialer Kriterien, wie Einhaltung von Tarifverträgen, Ausbildungsquoten und Arbeitsschutzrichtlinien, schon in der Ausschreibung stärker genutzt werden. Auch die Möglichkeit, umweltbezogene oder innovative Anforderungen an den Auftragnehmer zu stellen, soll gestärkt werden. Ziel muss es sein, dass der Preis bei der Vergabeentscheidung mit 30% zu berücksichtigen ist und die anderen Kriterien insgesamt mit 70% berücksichtigt werden sollen.

Diese Kriterien sind jetzt nochmals mit dem neuen Vergabegesetz mit Beschluss des Bundestages vom 17.12.2015 gestärkt worden. Auch dies werden wir in der neuen Legislaturperiode zum Anlass nehmen, einen neuen Anlauf zu machen und die Vergabekriterien des Kreises an die neue Rechtslage anzupassen und soziale und ökologische Kriterien auch transparent in den Vergabenentscheidung des Main Kinzig Kreises zu berücksichtigen.

7. Die Anpassung an Strukturveränderungen ist ein ständiger Prozess. Ein grundsätzlicher Umbau wird von uns zur Zeit nicht gesehen. Aktuelle Verändeurngen wurden zum Beispiel schon mit dem Breitbandprjekt des MKK vollzogen und auch von den LINKEN mitgetragen und unterstützt.

8. TTIP bitet keine Chancen für Kommunen und Kreise, sondern große Risiken, insbesondere durch mögliche Entscheidungend er Schiedsgerichte, entstehen große Gefahren für die kommunale Demokratie und Entscheidungen, die vor Ort getroffen werden. Die Linke ist hier klar gegen TTIP und fordert die Einstellungen der Verhandlungen. Auf Grund unseres Antrags, hat sich der Kreistag übrigens gegen TTIP ausgesprochen.

http://www.mkk.de/cms/media/pdf/politik/kreistag/vorlagen_antr_ge/2014_3/april/antraege_14/Freihandelsabkommen_TTIP_stoppen_-_Linke_.pdf