Was die AfD verspricht, wie sie hetzt, und warum sie keine Partei der Kleinen Leute ist.

Der Kreisverband Main-Kinzig bringt bis zur Kommunalwahl wöchentlich eine kritische Stellungnahme zur AfD und zu einem für diese relevanten Thema.

Teil 1

Die Alternative für Deutschland (AfD) gewinnt in den Umfragen hinzu. Wie bei jeder rechtspopulistischen Partei ist das gedruckte Wort das Eine, kalkulierte Provokationen und Tabubrüche in Talkshows und Interviews zusammen mit grausigen Aufmärschen das andere. Und die Positionen der AfD sind überall so klar wie in der Flüchtlingspolitik: Einerseits ruft sie allerorten den Notstand aus und sieht Deutschland untergehen, andererseits hält Alexander Gauland die Flüchtlingskrise für ein Geschenk für die AfD, das ihre Wahlergebnisse steigern wird. Politik nicht für, sondern auf Kosten der Leute ist ihr Programm.

Flucht & Asyl

Die humanitäre Krise im Nahen Osten und in Südeuropa ist für die AfD eine Flüchtlingskrise, bei der die leidtragenden Flüchtlinge zu Sündenböcken erklärt werden. Das ist bei der jungen Partei schon traurige Tradition: Vor zwei Jahren noch machte sie die angeblich faulen Griechen, Spanier oder Portugiesen und ihr falsches Verhalten für die Eurokrise verantwortlich.

Jetzt legt sie noch einen drauf und erklärt gleich eine ganze Hand voll Länder zu Sündenbockoasen. Das Asylrecht versteht sie als ein System, das erst die Flüchtlinge herlockt. Wenn Menschen Asyl suchen oder vor Krieg flüchten, sind sie für die AfD lediglich Ausdruck einer »Völkerwanderung«. Kein Flüchtling soll mehr in Deutschland einen Antrag auf Asyl stellen dürfen, fordert die AfD. Und sie begründet das mit den »wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland.«

Als ob über 50 Millionen Flüchtlinge in aller Welt ihre Heimat, Freunde und Verwandte auf einer tödlich gefährlichen Flucht über das Mittelmeer oder auf dem Landweg durch Bürgerkriegsgebiet auf sich nehmen würden, um hier ALG II zu bekommen.

AfD und Pegida geben vor, sich gegen die Herrschenden und Mächtigen im Land zu wenden. Das Gegenteil ist richtig. Die Schwächsten sind Ziel des Hasses von Pegida. Flüchtlinge sollen gegen Arbeitslose, Rentnerinnen und Rentner und andere schwache Gruppen ausgespielt werden. Nicht die Frage nach der gerechten Verteilung des vorhandenen Reichtums in diesem Land wird von der AfD gestellt, sondern in rassistischer und deutschtümelnder Art und Weise werden die Flüchtlinge für Probleme der deutschen Politik verantwortlich gemacht.

Teil 2

Teilhabe & Demokratie

Die AfD stellt sich als Partei der Kleinen Leute vor, sie ist gegen die Herrschenden und das sogenannte Establishment. Auf der anderen Seite will sie zurück zum alten Deutschland und tritt für direkte Demokratie ein. Letzteres scheint nicht schlecht zu klingen, wird aber nur dazu führen, dass nicht die Kleinen Leute, sondern die Reichen und Mächtigen bestimmen. Denn wer dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen genauso wie Stiftungen, Projekten gegen Diskriminierung oder Nazis die Mittel entziehen will, stärkt damit zugleich die Lobbyisten. Genauso wie ihre millionenschweren Kampagnen und Anzeigenserien auf Kosten der Kleinen Leute.

Auch sonst lohnt es sich genauer hinzusehen, wenn mehr Demokratie gefordert wird: Das Vorstandsmitglied der AfD Konrad Adam dachte schon vor einigen Jahren darüber nach, »Zuwendungsgungsempfängern« – also Rentnern, Beamten und Arbeitslosen – das Wahlrecht überhaupt abzuerkennen.

Wer die Demokratie verbessern will, muss dagegen alle Möglichkeiten der Bürger und Bürgerinnen dafür erweitern, er muss das Öffentliche ausbauen, damit Demokratie gelebt werden kann. Und er muss die immer stärkere Macht der Lobbyisten in der Wirtschaft einschränken. Durch Lobbyregister, scharfe Regelungen – und eine Millionärssteuer. Aber auch das ist mit der AfD nicht zu machen.

Teil 3

Familie

Die Familie hält die AfD ganz hoch, sie tut zumindest so. In der Tat kämpft sie für die Vorherrschaft der Männer in der Familie. Nicht etwa dafür, dass Frauen den gleichen Lohn erhalten, dass die ihnen bislang vorenthaltene Gleichstellung umgesetzt wird, oder dass alle Kinder die gleichen Chancen erhalten. Im Wahlprogramm der Parteivorsitzenden Frauke Petry heißt es deutlich: »die wertestiftenden Funktionen der Familie stärken und die Geburtenrate erhöhen«. Björn Höcke, früher Lehrer in Hessen und jetzt Parteichef in Thüringen, sieht geradezu einen Krieg des »lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyps« gegen den »selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp« – Rassismus pur.

Wer dagegen Kinder und Familie fördern will, sollte zunächst akzeptieren, dass es unterschiedliche Vorstellungen von Familie gibt. Familie ist überall da, wo Menschen für Kinder da sind, diese glücklich sind und alles Wichtige für ihr Leben mitbekommen - sei es bei einem alleinerziehenden Elternteil, bei zwei Müttern bzw. Vätern oder bei einer Familie mit Mutter und Vater. Dazu braucht es auch bezahlbaren Wohnraum, Kitaplätze, gute Bildung und höhere Löhne, von denen die Menschen leben können. Die AfD aber ist gegen einen Mindestlohn, gegen eine Mietpreisbremse oder kostenfreie Ausbildung, eine Armuts- oder Kindergrundsicherung.

Teil 4

Bildung

Die AfD orientiert sich in der Bildungspolitik wie in der Familienpolitik am 19. Jahrhundert. Die AfD lehnt eine Gleichstellungspolitik ab, die tradierte Benachteiligungen der Frauen bei der Entscheidung des Berufsweges und bei Führungspositionen ausgleichen will. Die AfD beklagt die „Erosion des Leistungsprinzips“ - als ob es in der Bildung nicht um viel mehr ginge und als ob Bildung nicht ein Grundrecht ist. Und sie sieht die Rettung in mehr Disziplin und einer stärkeren Disziplinarmacht der Lehrer und Schulbehörden.

Björn Höcke möchte den Schwerpunkt im Geschichtsunterricht konsequent auf das 19. Jahrhundert richten. Die Geschichte beider Weltkriege und der deutschen Teilung sind ihm nicht so wichtig. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Gegen einen aufgeklärten Umgang mit Homosexualität in der Bildungspolitik organisiert die AfD bundesweit Kampagnen.

In Wirklichkeit ist das größte Problem in der Bildung, dass für sie in unserem reichen Land seit vielen Jahren zu wenig Geld ausgegeben wird. Es gibt zu viel schlecht ausgestattete Schulen, zu wenig Lehrer und zu viel Unterrichtsausfall. Und dieses Bildungssystem benachteiligt Mädchen und Jungen aus den Bevölkerungsschichten mit niedrigen Einkommen wesentlich stärker als in anderen Staaten. Aber davon will die AfD nichts wissen und daran will sie auch nichts ändern.